Samstag, 11. Februar 2012

Erste Hilfe

Schlafstörungen - so geht es vielen tausenden Betroffenen des Burnout-Syndroms.

07:48 Uhr und der Wecker klingelt in den Morgenstunden. Ok, für viele eher ein spätes Aufstehen, aber es ist nur ein Beispiel. Das Problem besteht zu jeder anderen Uhrzeit auch. Man fühlt sich, als hätte man sich gerade erst schlafen gelegt, als wären es Minuten des Schlafes und Erholung gewesen. Frühstück? Keine Zeit; wie immer Manager Frühstück: ein starker Kaffee und eine Zigarette. Am liebsten jedoch lieber jede Minute im Bett auskosten. Ein Teufelskreis. 


So stressig beginnt jeder Tag bei vielen Burnout Betroffenen, schnell noch eine Zeitung, schnell noch zur Reinigung; schnell, schnell, schnell. Jetzt auch noch Tanken, na ja wenigstens kann man so noch schnell einen Kaffee auf die Hand und irgendein Quarkteilchen kaufen. Schnell weiter. Gestresst im Büro ankommen und was macht man als erstes zum Herunterkommen? Genau, erst einmal in ‚Ruhe‘ einen Kaffee trinken, oder gleich 2 – Bürokaffee ist ja nicht so stark – super Ausrede, vor allem der Teil mit der Ruhe. Man ist ja schon seit dem Aufwachen übertourig unterwegs, von Ruhe kann ergo keine Rede sein. 

Geht es Ihnen auch so, wie es mir damals erging? Ich konnte eimerweise Kaffee trinken und doch hätte ich mich nur an eine Wand lehnen brauchen, um bis Weihnachten durchzuschlafen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass je mehr Kaffee ich trank, es mich umso müder machte.


Wenn ich mich abends vor dem Zubettgehen fertig machte, sah ich an meiner Haut die Zeichen dafür, dass ich zu wenig Flüssigkeit getrunken hatte. Mein Gesicht brannte vor Trockenheit. Manchmal hatte ich das Gefühl meine Haut war wie ein ausgetrockneter Schwamm, die Creme war in Nullkommanichts eingesogen.


Auch im ‚Kopf‘ hatte ich das Gefühl, dass einiges wie durch Watte funktionierte, nicht mehr so schnell – jedenfalls nicht mein gewohntes Tempo. Für andere immer noch zackig, für mich unendlich langsam. Trockengelegt, geschrumpft und mit Wasser unterversorgt. 


An einem Wochenende besuchte ich eine kinesiologische Informationsveranstaltung. Eine Freundin hatte es mir dringlich empfohlen. Neugierig und auch sehr skeptisch ging ich hin. Während diesem einem Tag habe ich sage und schreibe 11 große Gläser Wasser getrunken und hatte das Gefühl, dass ich kurz vor dem verdursten wäre! Unglaublich! Je mehr ich trank, umso trockener wurde mein Mundraum. Der Organismus spülte scheinbar alles gut durch und die Organe schienen im ‚Maschinenraum‘ auf volle Kraft voraus zu arbeiten. Immerhin funktionierte das wenigstens noch. 


Es war ein Spätsommer Tag, warm, hell und alles optimal – eigentlich. Ich ließ mich auf die Balance ein (so heißt die ‚Behandlung‘ der Kinesiologie). Mein Thema war meine Schlaflosigkeit. In 11 Jahren Wechselschichtdienst schlief ich gerade mal 3-4 Stunden je Nacht, brauchte ewig um einzuschlafen und hatte schon bevor ich einschlief Angst zu verschlafen. Ein weiterer Teufelskreis. 


Für eine aus dem  Management war es mehr als befremdlich, auf einer Liege zu liegen, wo Eine halb über und neben mir, irgendwelche Linien am Körper entlang zog. Das war nicht meine Welt, fehlte nur noch so ne Eso-Tante mit Räucherstäbchen - ne danke! „Wir gehen davon aus, dass jeder Körper gesund und nur in der Imbalance ist. Ich bringe jetzt Ihre Energiebahnen wieder in die Balance“. Ich weiß noch wie ich innerlich dachte „ jo, iss klar, ich gehe davon aus, dass du keinen Plan hast, aber mach du mal…“ 

Was auch immer im Inneren passierte weiß ich nicht, ich weiß nur dass ich mich fühlte, als würde mich die Müdigkeit wie in einem Sog nach unten ziehen. Meine Augenlieder schwer wie Betondeckel und ich hatte das Gefühl ich falle, falle in ein ganz tiefes Loch. Ich schlief noch auf der Liege ein. 


Nach diesen 45 Minuten konnte ich mich kaum auf den Beinen halten, ich war sooooo müde. Wie ich die nächsten paar Stunden überstand weiß ich nicht mehr, ich weiß nur dass ich ins Hotel zurückging, noch vor 20 Uhr, als es noch hell war ins Bett bin, was zuletzt in der gefühlten Steinzeit stattfand und innerhalb von Minuten weg war. Als ich wach wurde war es hell und ich dachte „na toll, wieder nur ein paar Minuten geschlafen“. Aber etwas war anders; ich war überraschend fit. 


Es klopfte zögerlich an der Hotelzimmertür und ich hörte meine Leute durch die Tür „wir gehen schon mal runter“ rufen. Ich war irritiert. Fernseher, Radio, Handy alles angemacht und ungläubig geguckt. Es war der nächste Morgen! Ich hatte mehr als 11 Stunden am Stück durchgeschlafen! Ich konnte es gar nicht fassen, fiel rückwärts wieder zurück ins Bett und weinte erst mal eine ordentliche Runde vor Erleichterung und Glück. Seit dem Schlafe ich ohne Schwierigkeiten 8 Stunden am Stück durch und brauche die Stunden unterdessen auch, mein Körper holt sich seit dem unbarmherzig seine Dosis. 


Der Kinesiologin danke ich bis in alle Ewigkeit und ist fast immer kurz in meinen Gedanken, bevor ich das Licht ausmache. Sie lacht sich immer kaputt über diese 'Kopferten' Skeptiker, wie ich es damals war. Kurzzeitig dachte ich sogar daran, diesen Beruf zu erlernen, denn ich beneidete sie um dieses erfüllende Gefühl jemanden, der so am Ende war seine Lebensqualität in einer Stunde zurückzugeben. Dazu in den folgenden Beiträgen mehr.

Menschen deren Thema nicht Schlafstörungen sind, gucken irritiert und man liest von deren Stirn „wo ist denn das Problem?“. Wenn man Schlafstörungen nicht kennt, weiß man gar nicht wie es sich ohne ausreichend Schlaf anfühlt, nicht wie nötig Schlaf ist und wie sehr man darunter leidet, wenn man keinen Schlaf finden kann*. 


Jeder der keine Schlafstörungen kennt, weiß gar nicht welches Glück er hat.  Meine Erste Hilfe Aktion war wieder einen normalen Schlafrhythmus herzustellen. Das erforderte auch eine gewisse Disziplin in der Anfangsphase, aber vor allem ein Bewusstsein der Situation, auf das Wahrgenommene zu achten und die Zeichen zu respektieren. Heute weiß ich vieles, was mich vom Schlafen abgehalten hatte.

Dazu gehörte eindeutig konsequent meinen Müdigkeitspunkt zu verdrängen und das Bedürfnis nach Normalität zu leben. Das zeigte sich manchmal nur im Wunsch noch Nachrichten zu schauen, ein ‚normales‘ Buch zu lesen, keine Fachbücher…


Was man so in einer Imbalance als Normalität betrachtet. Mein Verhalten förderte im großen Maße meine Erschöpfung. Früher hätte ich wahrscheinlich aggressiv reagiert, da ich aus meiner Wahrnehmung doch nur noch die Nachrichten gucken wollte. Sollte ich auf das bisschen Normalität auch noch verzichten müssen? Ich schaute daher wieder eher auf mein Bedürfnis, als den eigentlichen Bedarf meines Körpers.

Mit externer Hilfe habe ich signifikant meine Lebensqualität gesteigert und durch Eigenverantwortung wieder das Ruder übernommen. Im nachhinein erschreckend, wie einfach es ging und wie ich mich jahrelang selbst 'überdreht' hatte. 


Das war meine erste Erste Hilfe Maßnahme. Welche Erste Hilfe benötigen Sie, oder haben Sie sich geholt?

In der zweiten Erste Hilfe Maßnahme geht es um das Thema Ernährung und wie Ernährung Schlafstörungen fördern kann. Das können Sie hier in den nächsten Tagen lesen.


* Nur am Rande sei angemerkt, dass geplanter Schlafentzug nicht umsonst zu den bekannten Foltermethoden gehört.

Donnerstag, 9. Februar 2012

Die Schatzkiste


Kleine flinke Wesen, den Rucksack geschultert, ziehen hinaus ins Neue und Ungewisse. Es ist noch nicht klar was sie finden werden, aber sie machen sich auf den Weg. Proviant und einen Schal eingepackt, man weiß ja nie was kommt und los geht’s. Kleine Schritte sind zu hören, manchmal raschelt es im Gebüsch, denn sie suchen sorgfältig und überall, manchmal geht es über Stock und Stein, manchmal brauchen sie auch Mut, denn andere suchen auch. Jedes Mal wenn sie etwas finden rufen sie ganz laut: Jippiiie! Dann hört man sie kichern, hämmern und klopfen, sie stellen ihre kleinen Täfelchen auf und jeder kann lesen wovon sie, wie viel gefunden haben. Dann gehen sie schnell motiviert weiter und die Suche beginnt aufs Neue. Kennen Sie dieses Spiel? Es heißt Siedler und macht ganz viel Spaß! In jedem von uns stecken kleine Pioniere und auch Siedler.

„Nun, welcher Typ Pionier bin ich eigentlich und wie gehe ich bei Schwierigkeiten mit mir und anderen um? Welche Einstellung habe ich in extrem schwierigen Zeiten, denke ich gar in Problemen, oder denke ich in Lösungen. Gehe ich besonnen vor, oder verfalle ich in Panik und Aktionismus, lasse ich mich von meinen Ängsten steuern, traue ich mich auch mal was auch wenn ich keine Erfolgsgarantie habe? Sehe ich die Chancen, oder die Risiken?


Wie ‚ticke‘ ich, was macht mich stark, was trägt mich? Bin ich jemand, der den Zusammenhalt mag, bei aller Individualität die Gemeinschaft braucht, starke Werte hat und dem entsprechend die Menschen des inneren Kerns auswählt. Wo passe und wo gehöre ich hin? Ich glaube auch, dass ich einen gesunden Menschenverstand habe, mich ganz gut anpassen kann, belastbar, selbstbewusst, aufmerksam und immer neugierig (geblieben) bin. 
Wenn ich zurückblicke dann weiß ich, dass ich gelernt habe nicht daran zu glauben, dass (m)ein Schicksal mein Leben bestimmt. Klar habe ich manchmal auch Glück, manchmal ergeben sich auch Dinge durch scheinbare Zufälle, aber in letzter Instanz vertraue ich nicht darauf. Ich bin kein Glücksspieler, ich bin Schatzsucher und habe ein realistisches Bild meiner Fähigkeiten. Das hat mir immer Kraft und Kreativität gegeben, um auch in schwierigen Zeiten zu bestehen“. 


Was ist das Besondere an Menschen, die trotz extremster Belastungen nicht krank werden und vor allem sich nicht aufgeben? Was befähigt sie in diesen Situationen in die Schatzkiste zu schauen und das Richtige zu finden, auf welche Ressource können Sie zurückgreifen?
Was kann ich in dieser Schatzkiste entdecken, welche Schätze und Glaubenssätze schlummern in der Kiste? Was bräuchte ich aus der Schatzkiste, um z.B. eine neue Arbeitsstelle zu finden, oder mein Geschäft wiederzubeleben bzw. weiterzuentwickeln? Welche Wünsche und Ziele habe ich eigentlich und welcher Schatz verhilft mir dazu, diese Ziele zu erreichen. Was macht meinen inneren Reichtum aus?
Wir alle haben für Probleme des Alltags einen Werkzeugkasten. Ob es ein schiefes Bild, eine ausgehängte Tür, ein krummer Nagel, ein tropfender Wasserhahn, ein Regal an die Wand muss uvm., für jedes Problem liefert unser praktischer Helfer, eine Bohrmaschine, Hammer, Zange, Schraubendreher verschiedenster Größe, Dübel, Nägel uvm. Für jeden Bedarf das passende Werkzeug. Die meisten „Probleme“ lassen sich mit einem herkömmlichen Werkzeugkasten lösen. Wir können das, trauen es uns zu, denken gar nicht groß sondern machen einfach und sind ganz stolz und beflügelt, wenn wir dann auf unser Werk schauen. Das war doch gar nicht so schwer!


Ist die Schatzkiste genau so ergiebig? Welche Helfer finde ich dort unter meinen Schätzen. Die Helfer  Selbstvertrauen, Glaube, Liebe, Erfahrung, Zuversicht, Gemeinschaft, Familie, Freunde, Wille, Respekt, Wertschätzung, Mut, Disziplin, gesunder Menschenverstand? Ich bin reich! Ich bin reich und ich wusste es gar nicht! 


Mit diesem Reichtum kann ich jede schwierige Situation meistern. Es ermöglich mir selbstverantwortlich und selbstbestimmt jede Situation zu meistern. Es wird mich befähigen über meine bisherigen Möglichkeiten hinauszuwachsen und etwas Neues zu gestalten und zu wagen. Wenn ich auf meinen inneren Reichtum baue, werde ich auf alle Fragen passende Antworten finden, meine Schatzkiste wird mich beflügeln, tragen und stärken. 


Ich bin der Experte meines Lebens und ich weiß was ich brauche, um für mich weiterzukommen und sogar in mir heute noch unbekannten Gefilden, sicher und souverän wirken zu können.

Ich selbst bestimme wohin meine Reise geht, ich habe immer eine Wahl, darf immer entscheiden und kann alles aus eigener Kraft erreichen. Nicht andere bestimmen über mein Leben, ich tue das. Alle nötigen Mittel stehen mir in meiner Schatzkiste zur Verfügung. Mein innerer Reichtum ist eine unerschöpfliche Quelle.


Alles was ich tun muss, ist sie zu öffnen und zu lernen – jeden Tag.

Sonntag, 5. Februar 2012

Grenzgänger

Copyright (c) Emina Mazak

Nun ist mehr als eine Woche vergangen. Die Percival Rufe sind verhallt – jedenfalls in meinem Radius. Haben Sie etwas anderes erwartet? Was war das eigentlich, eine gut inszenierte Geschichte, Quoten Hype, abgesprochen? Percival ein Opfer der Medien und Machern der Show, oder doch selbst kreiert und mal ehrlich, sieht ein Opfer so aus und verhält es sich so? Für mich nicht, aber ich bin hier sicherlich auch nicht das Maß aller Dinge.  Krokodilstränen direkt nach dem Auftritt, hmm, warum nur habe ich sie nicht geglaubt?  Selbst auf die Gefahr hin, mich äußerst unbeliebt zu machen, keine der emotionalen Momente von Percival empfand ich als authentisch. Keine übermäßige Freude, keine zur Schau gestellte Traurigkeit, Professionalität, Konflikt- und Feedbackfähigkeit, Nähe etc. Drama Baby, Drama. Es gibt diverse Möglichkeiten sich im Gedächtnis der Menschen zu verankern. Drama ist eine Möglichkeit. Er ist / wäre da schon Profi genug, da er das ‚Business‘ gut kennt. 

Es geht mir hier weniger um sein Talent. Dass er singen kann, konnte jeder hören, ob man seine Musik letztlich mag und dafür Geld ausgeben würde ist jedem selbst überlassen. Ich gehöre nicht zur Zielgruppe. 


Es ist kein Geheimnis, dass  ich ein großer Fan von „The Voice of Germany“ bin. Endlich mal eine Casting Show, bei der man sich nicht die ganze Zeit fremdschämen muss, Menschen nicht mit menschenverachtenden Kommentaren zur Prime time beschert werden und die Kandidaten, die Kandidaten sind einfach nur der Hammer. Unglaublich welche schlummernden Talente wir haben. Toll, einfach nur toll! 


Im Falle von Percival fand ich etwas anderes faszinierend. Sein Wesen. Welche Kräfte müssen in ihm mit – bzw. gegeneinander ankämpfen!? Enthusiasmus, Freude, Hoffnung, Verzweiflung, Leidenschaft, Neid; Percival ist ein sehr ‚menschlicher‘ Mensch. Er vermag ad hoc andere für sich zu begeistern und im gleichen Maße abzuschrecken. Er polarisiert sehr und ja, es scheint nur hopp oder top zu geben, dazwischen nichts. Wie verhält es sich mit dem Eigenbild vs. Fremdbild? Reflektiert er ausreichend genug die Rückmeldungen und worauf könnte er aufbauen, als Mensch, nicht als Sänger. Warum sollte ich als Industrie respektive Plattenfirma sehr viel Zeit und Geld in jemanden investieren, der mich null respektiert, wertschätzt und im schlimmsten Falle meine Vorinvestition allein nur durch sein Wesen und Verhalten verspielt. Warum in aller Welt sollte ich das als Management tun und wie kommt es, dass diese Fakten nicht gesehen werden, sondern alles nur persönlich genommen wird?  Könnte das ein Grund sein warum er bis dato nicht in die erste Reihe vorrücken durfte? 


Sein erstes Interview zeigte einen verbitterten, wütenden Mann über die sogenannte Industrie. Ein Mann zu sehen, der gebrochen, müde und frustriert schien. Ich habe das noch sehr gut vor Augen, seine ganze Körperhaltung, Mimik auf Frust und Gram gepolt. Wie viel Kraft muss es fressen, das täglich zu ertragen? Und warum tut man sich das erneut an, was sind die Treiber mich wieder in einen Bereich zu begeben, den ich eigentlich mit jedem Wort ablehne? Was ist so wichtig und unerträglich, dass ich mich erneut dem aussetze und wie viel Stress mute ich mir dabei zu, woFÜR ist das gut? 


Etwas / jemanden so vehement abzulehnen und im gleichen Atemzug anprangern, dass man nicht gesehen, akzeptiert und wertgeschätzt wird, schuldige an dem eigenen Unvermögen suchen. Wer spiegelt hier eigentlich wen und welche Treiber könnten die Ursache dafür sein? Sind die anderen Schuld, dass er jahrelang nur in der zweiten Reihe stehen durfte, wundert das jemand? Sind andere daran schuld, wenn einer wie Percival repetitiv an sich und seinem Ego scheitert. 


Stellen sie sich mal vor, das wäre ihr Mitarbeiter, oder ihr Chef. Welches Vertrauen hätten sie in diesen Menschen, wäre das ein Lieblingskollege, wie wäre die Zusammenarbeit?  Wenn ihr Mitarbeiter / Chef so viel Aufmerksamkeit bräuchte, so viel Bühne und Bedürfnisse gesehen zu werden, wie wäre der Alltag? Also ich stelle mir das nicht entspannt vor. 


Percival hat mein Mitgefühl, mehr habe ich leider nicht. Mir fällt auf, dass er sehr über seine Grenzen geht, auch beim singen. Alle sollen es sehen, allen will ich es beweisen, dass ich der Beste bin. Nun, vielleicht stellt sich die Frage gar nicht. Die Frage ist was er ihnen / uns zeigt; sein Talent oder den Wahnsinn eines Getriebenen. Es scheint keine Grenzen zu geben, erinnere mich an das Battle mit Pamela wo alle so begeistert waren. Ich fand das sehr abschreckend und ja, es war ein Battle; eine Schlacht. Wie das so mit Schlachten und Eroberern aber ist, die wenigsten mögen die Feldherren und Eroberer um sich haben. Laut polternde, nicht zuhörende, nicht begreifende und nicht wertschätzende schon gar nicht. 


Stelle ich mir vor, dass das mein Mitarbeiter wäre, dann könnte ich wahrscheinlich nichts anderes mehr machen außer den ganzen Tag Schadensbegrenzung zu betrieben: „…er meint es nicht so, er ist hochsensibel, ja er ist etwas anders aber er kann viel usw. Übrig bliebe der  fade Beigeschmack des Wahnsinns, der erste Eindruck und eine irritierende Wahrnehmung seiner Grenzgänge. Eines besessenen, beratungsresistenten, sich verrennenden Talentes der wie eine Kerze ist, die an beiden Enden brennt. So jemand bräuchte eine Einzelbegleitung, wäre betreuungsintensiv sofern überhaupt möglich, denn er würde sich wahrscheinlich auch noch offenen Auges in eine Trotzreaktion respektive soziale Isolation katapultieren. Für mich persönlich ist klar, warum er die letzten Jahre stimmlich nur begleiten durfte. 


In der Tat glaube ich, dass er ein hochsensibler und sehr einsamer Mensch ist, aber auch dass diese Gabe wahrscheinlich am Meisten zum Vorschein kommt, wenn es um seine eigenen Bedürfnisse geht. Auch dafür könnte es Gründe geben; ein letztes Aufbäumen bevor man resigniert, wirtschaftlicher Druck, Selbstwert, Selbstwirksamkeit uvm. Das ist alles legitim und kenne wir auch alle, mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Die Kunst ist das was man ist, was man kann so dosiert einzusetzen, dass es andere nicht vor den Kopf stößt, oder sogar abschreckt, da keiner wirklich sagen könnte wohin es führen würde. Ich glaube hier liegt letztlich die Ursache seines bisherigen Misserfolges und so sehr ich ihm seine Erfolg wünsche, auch künftig wird sich daran wenig verändern – solange er unberechenbar bleibt und solche Wandlungswiderstände an den Tag legt. Und mal ehrlich, wer will und kann auf Dauer so jemanden neben sich haben. Nur jemand der so tickt wie er, auch ein mentaler Grenzgänger ist. Dann mag sich das sogar pushen, in guten Zeiten wird sich das anfühlen wie ein Tag im Phantasialand, in schlechten wird sich das aber gegenteilig erweisen. Ich bin froh nicht dazu zu gehören. Welch ein Stress, welch eine verzerrte Eigenwahrnehmung, welche Selbstüberschätzung, welche Energieverschwendung. Kein Gespür für sich, eigene Grenzen geschweige denn, die der anderen. Anstrengend. Sehr anstrengend. 


Wenn ich wieder an das erste Interview denke, wundert es mich überhaupt nicht, dass Mimik, Gestik, Haltung diese Müdigkeit, Stress und Druck zeigten. Es schwappte sogar auf die Geisteshaltung über und mündete in den gesprochenen Worten. 


Er hat sich auf eine Bühne begeben, die keine Gnade kennt. Nichts ist so vergänglich geworden wie Musik. Im Zeitalter von Apss, Smartphones hat der Künstler seine Daseinsberechtigung verloren, er ist nunmehr genau 0,99€ wert. Es gab eine Zeit da wurde dieses Talent gewürdigt. Monatelange Arbeit des Liedermachens, der haptischen Erfahrungen, wenn man eine Schallplatte auspackte und mit den Sinnen erfahren durfte; spüren, riechen, hören und die Bilder, die beim Hören entstanden sehen... Alles weg. Geblieben ist ein virtueller Warenkorb mit Downloadlink; austauschbar, ein Speicherplatz Beleger. Schade, sehr schade. 

Was hat das alles mit Burnout und Erschöpfung zu tun? The Voice of Germany und Persival in der Tat wenig und doch ganz viel. Es hat etwas mit Kräften, dem gesunden Einsatz von Energie, wie viel Aufwand betreibe ich mit was und wie viel bekomme ich zurück, wenn überhaupt. Gebe ich immer nur und es kommt nichts zurück, oder reicht es mir nur nicht. Wenn es nicht reicht, warum reicht es nicht, was könnten die Gründe sein und was sagt so etwas über meine Bedürfnisse aus? Was erkenne ich an meinen Mustern, warum passiert 'mir' das immer wieder, warum bin ich immer so geschlaucht, wie gehe ich mit dem Erkannten um, was lerne ich für mich daraus, um morgen andere Entscheidungen treffen zu können? Genau darum geht es während einer persönlichen Erschöpfungsphase, einem Grenzgang zu erkennen, lernen und neu (besser) entscheiden können.  Wo ist eigentlich meine Grenze, wie erkenne ich, wie erkennen sie andere?

Möge er seinen Frieden finden, primär mit sich, seinem gesunden Einsatz seiner Kräfte. Die hat er unbesehen, all das was ihn ausmacht kostet viel Kraft und scheinbar kann er sie noch abrufen. Ich wünsche ihm, dass er seine Quelle und Ressource finden, aus der er Kraft schöpfen kann und sich Zeit geben, um im Hier und Jetzt zu reflektieren, sowie zu verstehen warum das Leben ihn immer wieder an die gleiche Stelle führt, er daraus erkennt UND lernt. Erst dann werden andere Türen aufgehen, oder vielleicht sollte er alternativ begleitend auch nach anderer professioneller Hilfe Ausschau halten und damit ist kein Vocal Coach gemeint.