Sonntag, 8. Februar 2015

Die Reise ins Selbst


Die Menschen machen weite Reise um zu staunen: über die Höhe der Berge, über riesige Wellen des Meeres, über die Länge der Flüsse, über die Weite des Ozeans, und über die Kreisbewegung der Sterne. 

An sich selbst aber gehen sie vorbei, ohne zu staunen.
(Aurelius Augustinus)

Ich habe die letzten Jahre viele Menschen getroffen, die an einem Scheideweg standen und einige sogar heute noch, oder immer wieder mal. Ihr Weg war manchmal beschwerlich, energetisch herausfordernf und führte manchmal zu der Frage: "Wer bin ich, warum stehe ich gerade hier, warum gerade jetzt, was will ich wirklich im Leben?" Ich kenne das auch aus eigener Erfahrung.

Eine existenzielle Frage, die uns immer wieder ereilt. Das ist aber gesund. Es ist sogar sehr gesund in gewissen Abständen eine Standortbestimmung durchzuführen. Gibt es nichts zu ändern ist auch das gesund, aus der Reflexion festzustellen, das dort wo wir sind für uns alles in Ordnung ist. Wenn Dinge einfach sind, muss man sie nicht schwer machen. Dann darf man sich gerne bestätigen und loben, dass man sich seine Reahmenbedingung, sein Leben so gestaltet hat, dass es keinen Grund gäbe den Weg zu verlassen.

Manchmal verändern sich jedoch die Dinge. Privat und/oder im Beruf. Manchmal bewegen uns Dinge, die sogar noch 'weiter' weg sind; gesellschaftliche Fragen. Wir Leben in einer Zeit in der es so viele Krisenherde gibt, sie scheinen weit weg, wirken aber auf uns. Mental erreichen sie uns, auch wenn wir kognitiv nicht immer verstehen können warum Dinge passieren. Warum würde man ein Büro in die Luft sprengen. Weil sie Comics zeichnen? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, manchmal mag ich nicht mal mehr die Nachrichten schauen. Kein Tag an dem nicht irgend etwas unfassbares geschieht, etwas ver-rückt ist.  Wir können nur unsere Welt verändern, nur den Teil, den wir kontrollieren können, für uns und diejenigen, die uns am Herzen liegen Gutes tun. Täten das alle, sähe unsere Welt besser aus. Vielleicht ist es auch anmaßend, vielleicht versuchen das alle, aber die Möglichkeiten der Umsetzung sind nicht gleichermaßen vorhanden, oder sie wissen es einfach nicht besser. Aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht im nächsten Beitrag.

Auf der inneren Reise begegnen wir uns und stellen uns Frage: Sind wir noch auf Kurs? Haben sich unsere Ziele verändert, wollen wir etwas verändern, sollten wir etwas verändern? Geht es uns gut? Vielleicht müssen wir auch etwas verändern. Wir sind erschöpft, haben keine Kraft mehr, ein Familienmitglied ist erkrankt und es berührt uns sehr, wir verlieren einen geliebten Menschen oder eine Liebe geht in die Brüche, wir haben eine SINNkrise und fühlen uns überfordert oder verloren. Wohin? Wohin führt uns dieser Weg? Warum kommt das jetzt und wohin damit? Wohin mit diesem Gefühl?

Manchmal werden wir in der Realität mit Dingen konfrontiert, die uns in die Imbalance bringen. Aber egal wie weit wir reisen, wir nehmen uns immer mit. Alles was wir sind, was uns ausmacht nehmen wir mit, Gewohnheiten, Denk-, Handlungs- und Verhaltensmuster. Ob im Gebirge, in der Großstadt, auf einer frisch gemähten Wiese, auf dem Ozean, im Büro. Egal, wir nehmen unser Päckchen immer mit. Wir müssen den Rucksack mitschleppen und ggf. ein paar Dinge herausnehmen, sofern wir es gleich als Soclhes erkennen. Die meisten Menschen wühlen erst mal, weil sie das, was sie suchen nicht auf Anhieb im Rucksack finden. Dann greifen wir mit der Hand tief in den Rucksack rein. Tasten nach den Inhalten bis wir das finden, wonach wir suchten. Manchmal will es aber partout nicht gelingen, wir reagieren aufgeregt, irritiert, genervt; "das gibt es doch nicht, ich weiß, ich habe es eingepackt". Wie oft ist es Ihnen schon so ergangen? Immer wieder herrlich.

Einige steigen aus, verlassen gewohntes Terrain und hoffen auf dieser Reise bei sich anzukommen. Bei einigen dauert das lediglich ein paar Tage, bei anderen Wochen und Monate. Einige begeben sich nicht im wörtlichen Sinne auf eine Reise. Sie bleiben für alle anderen scheinbar am selben Ort, befinden sich aber im Inneren auf der Reise, der Suche, dem Wunsch etwas zu finden.
Eine Antwort auf lang verdrängte Fragen, eine Leere füllen, einen lang gehegten Traum verwirklichen, den Ängsten begegnen, eine Erfüllung, oder nach einer übergeordneten Ebene, oder einfach nur mal Stille im Inneren und das Glück finden, zu entschleunigen und sich zu besinnen auf das, was wirklich wichtig ist. Was auch immer Sie bewegt. Sie wissen das, vielleicht ohne heute genau zu wissen, was es konkret bedeuten könnte. Die meisten Menschen wissen sehr genau, wonach ihre Seele gerade dürstet.

Ich betrachte mich als reich. Ich darf mit Menschen arbeiten und ihnen begegnen an der Stelle an der der Weg sich teilt, sie sich zu sich führen, in ihrem Tempo und in ihren Themenfeldern. Schritt für Schritt. Sie kommen immer auf dieser Reise an. Das bedeutet nicht, dass der Weg immer leicht ist, manchmal schickt uns das Leben auch Fragen, die weniger angenehm sind und wir wirklich an unsere Grenzen geraten. Letztlich ist meine Erfahrung, dass wir in diesen Augenblicken wachsen und begreifen. Manchmal führen die Erkenntnisse der Reise zu unweigerlichen Entscheidungen und Veränderungen. Harten einschnitten. Manchmal bringen sie unser Umfeld ins Wanken, weil wir nicht mehr 'kompatibel' sind, egal wie sehr wir uns bemühen. Etwas geht zu Ende. Bevor etwas Neues entstehen kann, bedarf es aber dieser Erkenntnisse. Erlauben wir uns daraus zu lernen, werden wir ankommen.

Wichtig ist zu erkennen, dass wir nicht aus einem Mangel agieren. Wir sind perfekt, so wie wir sind. Es geht nicht darum 'Löcher' zu stopfen, wenn ich es mal so einfach ausdrücken darf. Was es zu erkennen gilt, wird uns finden und sich entwickeln. Wir werden daran reifen. Das ist gesund. Es geht nicht darum, skaliert gesprochen, von -10 auf Null zu kommen. Eine innere Stabilität und Zufriedenheit zu erlangen, stetig und begreifbar, bedeutet eher von einer 3 auf eine 5, dann auf 7, dann auf 9 usw. zu kommen. Der neue Fachbegriff dafür heißt: Resilienz.

Welche Situation auch immer vorliegt, es gilt sie zu betrachten, den Blickwinkel auch zu verändern und neutral zu bewerten. einen neuen Weg einzuschlagen heißt nicht, dass wir zwangsweise immer geradeaus gehen. Manchmal reicht es auch stehenzubleiben, oder einen Schritt zur Seite zu gehen. Haben uns unsere Haltung, Verhalten, oder Entscheidungen weitergebracht? Ja? prima! Nein? An welcher Stelle war es hinderlich und was können wir tun, damit es für uns funktioniert? Dann sind wir wieder auf der inneren Reise. Was will ich, was will ich nicht, was will ich auf keinen Fall! Was wünsche ich mir, warum wünsche ich es mir und was habe ich bisher versucht. Warum hat es nicht funktioniert und was kann ich dieses mal anders machen? Was käme dem Wunsch nahe, sollte es nicht funktionieren? Welchen Kompromiss gäbe es? 

Das ist ein sehr schönes Gefühl, diesen Prozess begleiten zu dürfen. Ich habe noch nie mit jemand gearbeitet, der diese Reise nicht positiv empfunden hätte. Manchmal erst im nachhinein. Manchmal ist das so. Ich bin überzeugt, dass das Leben uns immer sagen wird, wofür diese Reise gut war. Man muss es gar nicht forcieren, vorwegnehmen etc. Alles im Leben hat einen Sinn, seine Zeit und wird gut. Vertrauen wir uns, gibt es nichts, was uns im Wege stehen kann. Wir werden immer wissen, was uns gut tut. Manchmal müssen wir einfach nur geduldig mit uns sein.

Wo auch immer Ihre Reise Sie hinbewegt, achten Sie gut auf sich. Erlauben Sie sich langsam zu reisen und genießen Sie die Reise. Alles andere wird kommen, wenn es bei uns ankommen sollte, wird es kommen. Wir ziehen immer das an, wofür wir bereit sind.