(anonym und sehr real. Danke, dass wir daran Anteil haben dürfen!)
Wenn
du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest und vor
allem wer, oder was dir da begegnet wäre (...)
Diesen
Beitrag möchte ich meiner Familie widmen und allen anderen, die mit mir
gesegelt sind (....) Auch gern genannte “Bilderbuch-Familien” kommen mal ins
schwanken, auch wir geraten mal auf hoher See in Seenot, auch wir liegen nicht
immer im sicheren Hafen, auch wir brauchen einen Kapitän und einen
verlässlichen Anker. Auch wir haben Ängste, wenn sich plötzlich Dinge
zusammenbrauen, von denen wir wenig verstehen. Panik und Wahn. Halluzination.
Wer versteht das schon? Wir können es ja nicht “greifen”. Erst recht nicht, wenn
das von heute auf morgen passiert. Jetzt stehst du da. Mit leeren kleinen
Händen. Auf ein Rettungsboot warst du nicht vorbereitet, also hast du keins..
Das wir eines Tages mit unserem Boot so ins Schleudern geraten, in die Tiefe
gezogen werden, Wellen uns so bösartig überraschen, im Wasser fast ertrinken,
den Meeresgrund schon mit den Füßen berühren, das laute Rauschen alle Sinne
zerstört und der Atem still steht, weil dich das kalte-dunkle verschlingt - das
hätte ich nicht für möglich gehalten - niemals.
Deine
Erkrankung kam schleichend, kaum erkennbar aber dann schlagartig und mit einer
Wucht, wie man nur eine Explosion beschreiben kann. Kaum zu ertragen. Für
meinen “Körper” sowieso viel zu schwer. Als ich dann auch noch den Boden unter
meinen Füßen verlor und selbst in die Knie ging, schien alles vorbei.. Die
Manege war wie ausgestorben, leer - vor ein paar Jahren ist hier noch Highlife
gewesen. Überall nur noch Schwarz. Keine Farben. Keine Sonne. Kein Licht. Keine
Liebe. Kein Gefühl. Keine Nähe. Alles leer. Keine Geräusche. Kein Duft. Keine
Bewegung. Kein Gleichgewicht. Kein Zeitgefühl. Keine Orientierung. Keine Sinne
mehr. Wahrnehmung für alles - verpufft. Das Licht war aus. Aber Bilder umso
mehr! Ich hab dir nie erzählt, das ich deine Abschiedszeilen gelesen habe.. Ich
wünschte, ich hätte sie nie gefunden. Auch jetzt ist der Gedanke daran immer
noch unerträglich für mich. Er reißt an mir, bohrt, sticht und schlägt einfach
immer wieder zu. Deine Worte sind so unsagbar laut in meinem Kopf, obwohl ich
sie ja "nur" gelesen habe. Immer wieder läuten sie in einer
undenkbaren Aggressivität durch Mark und Seele. Genau so fühlt sich ein Stich
mitten ins Herz an - Katatonie. Stupor. Mutismus. Einfach alles versagt. Wie
gelähmt, obwohl physiologisch ja alles funktioniert. Warum nur reden Menschen
nicht...?
Ich
hätte alles für dich getan, Bäume ausgerissen, Berge versetzt, die Welt wieder
ins richtige Licht gerückt, ich wäre für dich so hoch geflogen wie ich nur
könnte, einfach alles gegeben. Für dich gekämpft! Dir mein Leben in die Brust
gehaucht. Nach Antworten gesucht, mich schlau gemacht, dir die besten
Anlaufstellen rausgesucht, dich immer begleitet aber vor allem dir zugehört, an
deiner Seite gewacht und auch einfach leise-sein, dich noch mehr geliebt - wenn
du das gebraucht hättest - alles hätte ich getan! Das verrückte ist, du bist
dein Leben lang, Tag täglich mit diesen Erkrankungen / Symptomen beruflich
konfrontiert wurden und dennoch erkennt man es zu spät an sich selbst.
Schutzschilder gegen so etwas haben wir nicht aber einen Mund! Warum verdammt
hast du nie was gesagt? Schweigen und Ignoranz ist eine harte Waffe gegen sich
selbst gerichtet aber auch gegen alle anderen. Machtlosigkeit übersteigt alles.
Und immer wieder dieses Auf und Ab - Gott was eine emotionale Achterbahn, die
einfach nie zu enden schien.
Und
dann: Die besten Antidepressiva sind Menschen, bei denen man sein kann, wie man
ist. Oder es treten eben auch mal Wunder in dein Leben, die nicht in Worte zu
fassen sind. Unser Wunder, die Geburt von Linny.. Du warst nicht wieder zu
erkennen, so sieht ein glücklicher Mensch, ein glücklicher Opa aus. Endlich
warst du zurück. Deine Augen, deine Mimik, dein Herz - endlich war da wieder
Leben zu sehen und zu spüren. Das erste Lächeln nach all den qualvollen Jahren
werde ich nie vergessen, danach - im Auto, ich hab so geweint, bitterlich
geweint - ich konnte endlich mal wieder diesen FUCKING Rucksack - den ich so
hasse (!) erstmals ganz kurz von meinen Schultern nehmen, der so schwer war,
sich in meine Haut schnürte und mich oft in die Knie zwang. Jetzt ist einige
Zeit vergangen, Linny ist kein Krümel mehr, sondern wächst zum Keks heran. Auch
Tante sein ist die beste Medizin, das Höchste der Gefühle. Du hast seit dem
unglaubliches geschafft. Was eigentlich nicht in erreichbarer Nähe war. Paps?
Ich liebe dich über alles, du bist der beste und stärkste Dad der Welt! Lass
dir nie was anderes sagen!
Du
wirst immer mein Anker bleiben - auf ewig. Ich freue mich weiterhin auf all die
Farben, Klänge, Momente, Bewegungen, gemeinsames segeln und inne halten,
Lebendigkeit, Gefühle, Leichtigkeit, Lebensfreude, Liebe, Gespräche,
Umarmungen, Blicke und auf das gemeinsame Lachen mit euch. Alles Glück der Welt
soll euch begegnen! Danke an meine Familie. Danke was ihr alles für mich getan
habt. Vor allem in Malente. Ohana (!)
(Auf Wunsch, kann ich den Kontakt zur Verfasserin herstellen).
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