Donnerstag, 24. November 2011

Eigenverantwortung

(Anonym, einer Diskussion entnommen) 
(C) Foto - Emina Mazak

Was nützt es mir als Betroffener, wenn ich erfahre, mein Zustand sei dem 'System' geschuldet? Tolle Erkenntnis. Stempelt mich nochmal mehr als Versager ab. Denn das brutale 'System' schafft ja nicht alle, nur einige - und zu denen gehöre ich. Super.

Wenn ich von Burnout betroffen bin, stehe ich mit diesem Problem erst mal und für lange Zeit alleine da. Aus meinem (Ex-)Arbeitsumfeld ist da keinerlei Hilfe zu erwarten. Und dass es mich getroffen hat und andere nicht, legt die Vermutung nahe, dass diese anderen mit den Gegebenheiten anders umgehen. Was wiederum vermuten lässt, dass es durchaus auch mir gelingen könnte, einen anderen Umgang zu erlernen. Im Zweifelsfalle oder vielleicht besser im Idealfall mithilfe eines Coachs, der mir hilft, meinen Blick auf die Dinge zu verändern und meinen inneren Standpunkt neu zu definieren.


Meine persönliche Erfahrung in Sachen Burnout lässt mich mutmaßen, dass ein Burnout weniger durch eine hohe Arbeitsbelastung entsteht, sondern durch eine parallel schleichend empfundene Missachtung, die sich in gefühlter Respektlosigkeit, geringer zwischenmenschlicher Anerkennung des persönlichen Einsatzes und nicht vorhandener Wertschätzung meiner Person und Leistung im Kontext eines Unternehmens ausdrückt.


Unternehmen stiften heute (überwiegend) keine echte Identität mehr. Mitarbeiter sind nicht mehr Teil der 'Familie', Zugehörige, deren Weggang bestenfalls extremen Umständen oder dem eigenen Willen geschuldet ist. Mitarbeiter sind im Grunde wertlos - egal auf welcher Ebene sie arbeiten. Ersetzbar, austauschbar, mehr oder weniger wichtige Produktionsfaktoren, aber keine wertgeschätzten Partner, deren Loyalität eine Gegenleistung auf zwischenmenschlicher Ebene verdient.


Für mich wäre es damals zu schwer gewesen, zu solchen Bedingungen eine Einstellung aufzubauen, die mich diese Umstände hätte ertragen lassen. Mir erschien der Weg in die Selbständigkeit eindeutig leichter und für mich persönlich konsequenter. Und ich bin mit dieser Entscheidung zufrieden. Auch wenn ich es an manchen Tagen wiederum bereue, die großen Zusammenhänge verlassen zu haben, die auch einen enormen Handlungsspielraum bieten, von dem ein kleiner Freelancer nur träumen kann.


Im Rückblick kann ich sagen, dass ich es bedauere, dass in der Zeit, als ich 'meinen' Burnout hatte, dieses Thema noch ganz exotisch war. Wer weiß, vielleicht hätte ich es mit professioneller Hilfe geschafft, meinen Weg wenigstens so weit zu gehen, wie ich es eigentlich gewollt hätte. Irgendwie kein schönes Gefühl, gescheitert zu sein. Auch wenn es sich damit gut und zufrieden leben lässt...

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