Montag, 23. Januar 2012

Ich hab's gleich, ich kann es schon sehen !

… ist eine häufige Reaktion auf Dauerstress. Auslöser für Dauerstress können auch durch Perfektionismus ausgelöst werden. Kennen Sie solche Zeitgenossen?

Pünktlich zur Arbeit kommen, das kennen die gar nicht. Sie sind schon vorher da, dann ist alles noch ruhig, es können noch in Ruhe Mails abgearbeitet werden bevor der Alltag beginnt. Termine planen, Vorbereitungen treffen usw. Sie sind auch noch da, wenn der Letzte gegangen ist. 


Vor dem Meeting noch ‚schnell‘ das Excel Dokument zum 100 Mal umformatiert, nochmal schnell einen Plausibilitätscheck drüber, es darf KEIN Fehler drin sein, wer will sich schon blamieren! Die Powerpoint zum x-ten Mal vergrößert, da fehlt ein Punkt, das soll Hellgrau sein(!?), warum ist auf der Seite 5 ein anderer Farbton und warum, die Überschriftenzeile nicht linksbündig!? Habe es doch extra im Master so angegeben, warum nicht gestern, da hätte man noch Zeit gehabt, warum jetzt? Das Herz schlägt 4x so schnell, der Schweiß rinnt, der Puls ohrenbetäubend bumm bumm bumm… Die Uhr zählt gnadenlos runter, noch 15 Minuten bis zum Meeting, noch 10, noch 5; Boarding completed!


Wer füllt denn nie das Druckerpapier nach und warum ist immer wenn ich in der Teeküche Kaffee aufsetze alles leer, wenn ich mal eine Tasse trinken will und warum räume ich eigentlich immer nur die Spülmaschine ein!? Bin ich von Messis umgeben, ich könnte platzen vor Wut! Was ist so schwer daran, anstelle die Tasse in die Spüle zu stapeln und hey, warum sollte man so eine Tasse leeren, irgendein Trottel wird das
schon für mich tun! Was ist so schwer daran die Tasse gleich in die Maschine zu tun?

„Warum tut hier eigentlich  außer mir keiner was, am Besten mache ich alles selbst, dann weiß ich wenigstens es wird gemacht und so wie ich es haben will… „
Verstehen Sie das und kommt Ihnen das bekannt vor? Dieser skizzierte Mensch hat eine sehr hohe Erwartungshaltung. Die Wahrscheinlichkeit, dass er enttäuscht wird, oder die Situation ihn absolut stresst sehr hoch. Die Meisten, die Fehlerfreiheit, Korrektheit für sich in Anspruch nehmen, erwarten das auch von anderen.
Neben perfektionistischen Ansprüchen und Ansätzen gibt es natürlich auch noch private Konflikte, oder hohe Erwartungen, die sich direkt auf den Arbeitsstress auswirken können. Worauf es sich sofort auswirkt ist die Zufriedenheit, auch Lebenszufriedenheit, sinnvolles tun und nicht sinnleeres hinterher hecheln der dritten Kommastelle, oder einer Zellenformatierung. 


Negative Einstellung und Gedanken fördern die Abwärtsspirale. 


•    Mein Chef ist ein Erbsenzähler und Kümmelspalter, ich kann es ihm nie richtig machen. (Thema fehlendes professionelles Feedback, (gegenseitige) Wertungen)
•    Ich kriege es einfach nicht hin (absolutes Neuland, Angst und Versagensängste)
•    Oh Gott, ich muss das Übermorgen abgeben, das schaffe ich doch nie. Hätte ich es nur nicht zugesagt, ob ich es noch schieben kann, oder soll ich mich direkt krank melden? 
•    Ich kündige, ich bin sowieso eine Null und mit dem Job komplett überfordert.

Ernsthaft, ob die Excel Datei hübsch aussieht, bündig ist oder nicht. Glauben Sie allen Ernstes, dass das einen Controller interessiert? Malen nach Zahlen ist nicht und ob auf Seite 5 der Powerpoint der Aufzählungspunkt größer, als auf Seite 6 ist interessiert niemand! Wenn ihr Publikum darauf achtet haben Sie ein größeres Problem: Das was Sie erzählen interessiert niemand und jetzt haben Sie ein echtes Problem.


Übungsvorschlag für Problemdenker:


Schreiben Sie sowas wie ein Top 5. Kennen Sie David Letterman, der macht sowas immer in seiner Late-Night-Show und hangelt sich von der 5 hoch auf die 1. DAS ist dann der Spitzenreiter schlechthin. Hänschen Rosenthal wäre bei der Eins in die Luft gesprungen und hätte gesagt: „Sie sind der Meinung, das war spitze!“


1) Wir machen jetzt mal eine FDP Post-it / Bierdeckel Problemsammlung Übung. Schreiben Sie alles auf einen max. Bierdeckel großen Zettel. Stichwortartig alles, was Ihnen zu dem jeweiligen ungelösten Problem(en) einfällt. Am Anfang sollten es nicht mehr als 5 Probleme sein, sonst verzetteln Sie sich! Ha! Mörderwortspiel; nehmen Sie sich einen Zettel und verzetteln Sie sich nicht… hach ja, andere haben einen Ghostwriter, Sie haben mich   
Es ist unwichtig ob das Problem im Privat- oder Berufsleben vorkommt. Auf diesen Zettel schreiben Sie alles, was Ihnen zu diesem Problem einfällt, wie es sich anfühlt, was damit quasi einhergeht, wann es vermehrt auftritt usw. Achten Sie darauf, dass sie aufschreiben, was das Problem bedingen oder vertiefen könnte, Ursache, Wirkung, Besonderheiten uvm.


2) Jetzt priorisieren Sie bitte die Probleme. Die IT-ler unter Ihnen kennen das sicherlich.  Im UHD (User Help Desk) wird ein „Ticket = Problem“ eröffnet; kategorisiert, qualifiziert, priorisiert usw. Das wichtigste Problem bekommt die Eins usw. Wenn Sie mögliche Treiber des Problems in Worten aufgelistet haben, die zur direkten Lösung führen könnten, halten Sie sich daran. Wenn nicht, was könnte zu einer Lösung führen?


3) Zum Schluss wird umgesetzt; plan, build, run. Ein Klassiker. Wenn es DIE Lösung gibt, setzen Sie sie direkt um. Wenn es nur Teillösungen oder Kompromisse gäbe, was täten Sie? Würden Sie darin auch eine eigene Gewichtung und Priorität treffen können und dann wieder von vorne; 1,2,3,4,5… Wichtig, dringlich ist keine Kunst und kann demnach weg… ? Was hindert Sie daran? Das ist eine relativ unspektakuläre Art und Weise mit einem Problem umzugehen. Es ist natürlich auch nur eine Möglichkeit, aber wenn sie hilft, ist es doch wundervoll!

Ich bin übrigens das krasse Gegenteil. Ok über das fehlende Druckerpapier kann ich mich auch für Nanosekunden ärgern und wenn jemand meinen frischgekochten Kaffee austrinkt, dann bekommt er kurz eine Einweisung ins Kaffeekochen, oder alternativ ein Gespräch. Das ist einfach nur unkollegial. Es ist nicht schlimm die letze Tasse genommen zu haben, aber es gehört auch nicht zur Quantenphysik einen Filter mit Kaffeemehl zu füllen, Wassertank füllen, Knöpfchen drücken. Fertig. Das bekommen sogar Männer hin.


Mich stressen komplett andere Dinge: manchmal ich selbst, die Frage ob ich einen Teller Suppe will, der Hund oder Katzen krank sind, mir die S-Bahn vor der Nase wegfährt, weil einer vor mir trödelt, dummes Geschwätz, laut mit einem Kabel sprechende Menschen an einer Fußgängerampel oder im Zug,  wenn es meinen Lieben nicht gut geht, oder Tante Käthe sich für Weihnachten angemeldet hat... Dann ist echt Schluss mit lustig! 


Um beim Controllerbild zu bleiben. Perfektion und Erwartungshaltungen sind sehr individuell. Ich bin wahrscheinlich der Albtraum jeden Controllers, denn mir ist im wörtlichen Sinne Schnuppe, wie die Datei optisch aussieht. Ich bin ein Mensch Mensch, kein Zahlen Mensch - Zahlen langweilen mich. Ich will, dass die Inhalte stimmen, die Datei EINmal besprochen wird und danach möchte ich den Controller mindestens für ein Jahr nicht mehr sehen, ihm geht es wahrscheinlich genau so. Klappt leider nicht immer, aber da Zahlenschubsen absoluter Stress für mich ist, muss es weg ... ! 
So einfach ist es.

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